Inhalt

Klärwerk

Stufe 1: Mechanische Reinigung

In der Kläranlage werden alle groben Stoffe mechanisch aus dem Abwasser gefiltert.

  • 1 Rechenhaus

    Im Rechenhaus werden alle groben Stoffe aus dem Abwasser heraus­ge­kämmt. Dabei zeigt sich immer wieder, wie viel Abfall über die Ka­na­li­sa­tion entsorgt wird. Das Rechengut wird mit einer Presse entwässert und von einem Verwerter ent­sorgt.

  • 2 Sandfang

    Die Fließ­ge­schwin­digkeit des Wassers wird re­du­ziert, schwere Stoffe wie Kies und Sand kön­nen sich so ab­set­zen. Pum­pen, die an einer fahr­ba­ren Brücke be­festigt sind, sau­gen den Bo­den­satz ab und befördern ihn In einen Trichter, wo er sich erneut setzen kann. Der entwässerte Sand wird gesammelt und entsorgt, das ent­san­de­te Was­ser fließt ins Vor­klär­becken.

  • 3 Vorklärbecken

    Das Wasser wird be­ru­higt, damit sich die Fest­stoffe erneut ab­set­zen kön­nen. Schwere Stoffe sin­ken als Roh­schlamm zu Boden, leichte sam­meln sich an der Ober­flä­che und bil­den einen Schwimm­schlamm. Vor­klär­becken­räu­mer schie­ben die Schläm­me lang­sam in einen Trich­ter. Von dort wer­den sie in die Faul­türme ge­pumpt.

Stufe 2: Biologische Reinigung

Nachdem das Abwasser, mechanisch von allen Grobstoffen befreit wurde, wird es biologisch gereinigt. Dabei nutzen wir die Selbstreinigungskraft des Wassers. Mikroorganismen (Bakterien) bauen die Schmutzstoffe ab (besonders Nitrate) oder verändern sie so, dass andere Kleinstlebewesen sie verarbeiten können. Diese Mikroorganismen sind bereits im Abwasser enthalten. Sie bilden die Grundlage der biologischen Reinigung.

  • 4 Denitrifikations­becken

    Das Wasser aus dem Vor­klärbecken fließt in das Denitrifikationsbecken. Das Abwasser und der sogenannte Belebt­schlamm werden hier mit einem Rührwerk um­ge­wälzt und für die bio­lo­gi­sche Reinigung vor­be­rei­tet. Dabei darf dem Schlammwasser kein weiterer Sauerstoff zu­ge­ge­ben werden, denn die biologische Rei­ni­gung funktioniert nur unter sauerstoffarmen Bedingungen. Hierbei werden die Nitrate von speziellen, anaeroben Bakterien in Sauerstoff und Stickstoff um­ge­wan­delt und in die Luft ab­ge­ge­ben. Dabei wird der Nitratgehalt im Ab­was­ser um 65 Prozent gesenkt.

  • 5 Belebungs­becken

    In den drei Be­le­bungs­becken werden or­ga­ni­sche und nicht or­ga­ni­sche Schmutzstoffe un­ter sauerstoffreichen Be­din­gun­gen von aeroben Bakterien verarbeitet oder für andere Mi­kro­or­ga­nis­men aufbereitet. Damit diese die Schmutz­par­tikel im Wasser leich­ter verarbeiten können, sorgen Wal­zen für Be­we­gung und Belüftung des Abwassers. Die Flocken des Belebtschlamms be­fin­den sich so im Schwe­be­zu­stand und können sich nicht am Becken­boden absetzen. Daher sind sie für die Bakterien besser erreichbar.

  • 6 Nachklär­becken

    Das Abwasser gelangt aus dem Be­le­bungs­becken in zwei Nach­klär­becken. Hier wird der Be­lebt­schlamm mechanisch vom Abwasser getrennt und durch Rundräumer vom Beckenboden und der Wasseroberfläche abgesaugt. Von dort ge­langt der Schlamm teil­weise als sogenannter Rücklaufschlamm in das Denitrifikationsbecken. Der überschüssige Schlamm wird in die Faul­türme gepumpt.

"Woher kommen eigentlich die Bakterien in der biologischen Reinigung?"

Die Bakterien kommen bereits mit den menschlichen Ausscheidungen zu uns. Sie sind sehr wichtig. Ohne sie kann das Abwasser nicht gereinigt werden. Im Klärwerk bieten wir den Bakterien optimale Arbeitsbedingungen.

Homo Bazillus Luftikus

Die aeroben Bakterien im Belebtschlamm verhalten sich wie Menschen. Sind sie viel an der frischen Luft, bekommen sie Appetit und „futtern“ organischen Abfall. Ist der Sauerstoff knapp, werden sie ganz müde und schlafen ein. Bakterien können außerdem richtig krank werden. Und auch dann haben sie mit uns etwas gemeinsam: Sie gehen nicht zur Arbeit.

Was ist eigentlich...?

aerob, Aerobie
Lebensweise, bei der Sauerstoff benötigt wird.
anaerob, Anaerobie
Lebensvorgänge, die ohne Sauerstoff ablaufen.
Mikroorganismen
Einzeller, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind. Bakterien zählen zu dieser Gruppe.
Nitrat
Nitrat ist das Salz der Salpetersäure und wird in der Land­wirt­schaft als Düngemittel eingesetzt. Zu hohe Nitrat­kon­zen­tra­tionen sind gesundheitsschädlich.

Stufe 3: Chemische und Biochemische Reinigung

Das Abwasser ist jetzt schon deutlich sauberer. Aber es enthält noch zu viele Nitrate und Phosphate. Das Phosphat muss mit Chemikalien gebunden werden, damit es sich herausfiltern lässt. Besonders effektiv ist unsere Biofiltration. Mindestens 85 Prozent der Stickstoffverbindungen im Abwasser werden hier abgebaut.

  • 7 Phosphatbindung

    Phosphat wird durch Fällung oder Flockung entfernt. Phosphate und Metallsalze gehen eine unlösliche Verbindung ein und sinken auf den Boden des Nachklärbeckens, von wo sie mit dem überschüssigen Schlamm in die Faultürme gepumpt werden.

  • 8 Biofiltration

    Um Nitrate und Phosphate weiter zu verringern wird reiner Alkohol (Ethanol) hinzugefügt. Er enthält Kohlenstoff, ein wichtiges Element bei der Umwandlung von Nitrat in Stickstoff und Sauerstoff. Danach befördern Pumpen das Wasser durch vier Filterbecken. In den Becken befinden sich 2,80 Meter hohe Filter aus Blähtonkügelchen. Auf dem Blähton leben Mikroorganismen, die das Nitrat mit dem Ethanol in Stickstoff umwandeln. Über ein Reaktionsbecken gelangt das Abwasser in vier weitere Filterbecken. Bei Bedarf geben wir dem Wasser nochmals Metallsalz hinzu, um den Phosphorgehalt weiter zu reduzieren.

Was ist eigentlich...?

Ph-Wert
Der ph-Wert bestimmt, wie viel Säure oder Base (z. B. Seifenlauge) im Wasser enthalten ist. Er wird zwischen 0 (sehr sauer) und 14 (sehr basisch) gemessen. Als neutraler Bereich gilt ein Wert zwischen 5 und 7. Cola hat einen ph-Wert von 4, Blut einen ph-Wert von 7.
Phosphat
Phosphat ist ein Salz der Phosphorsäure und ein endlicher Rohstoff auf der Erde. Es wird aus Erzen gewonnen und als Dünger, bei der Lebensmittelherstellung, in Waschmitteln und als Wasserenthärter eingesetzt.

Das Labor: Alles unter Kontrolle

In unserem Labor messen wir regelmäßig die Wasserqualität jeder Klärstufe und überprüfen den Schadstoffgehalt. Werden Grenzwerte erreicht, erhöhen wir den Einsatz von Biomasse und Chemikalien. Außerdem zählen wir Mikroorganismen im Schlamm und bestimmen den Phosphatgehalt im Abwasser, um Metallsalze exakt zu dosieren. Denn viel hilft nicht automatisch viel. Bevor das gereinigte Abwasser in die Aller gelangt, prüfen wir, ob alle Grenzwerte eingehalten werden.

Mikro­plastik, Arznei­mittel­rückstände & Co - Heraus­for­de­rung für die Ab­was­ser­reinigung

Es sind mikroskopisch kleine Teilchen, für das bloße Auge unsichtbar: Arzneimittel­rückstände im Abwasser. Nanopartikel in Kfz- und Industrieabgasen. Mikroplastik durch Reifenabrieb. Spurenstoffe sind überall. In der Luft, in Flüssen, Seen, Meeren, in unseren Le­bens­mit­teln. Sie be­lasten die Umwelt und unsere Gesundheit. Und sie sind eine Herausforderung für die Abwasserreinigung. Brauchen wir also eine weitere Reinigungsstufe? Moderne Technik, und alles wird gut? So einfach ist das nicht. Klär­anlagen leisten schon jetzt viel und senken die Bakterienlast erheblich. Auch eine 4. Reinigungsstufe könn­te nur einen Teil der Spurenstoffe zurückhalten. Sie wäre zudem teuer, bräuchte viel Energie – und, was niemand möchte: Die Gebühren würden deutlich steigen. Das muss nicht sein! Jeder kann was tun. Bewusster einkaufen zum Beispiel. Wir alle haben es in der Hand, Spurenstoffe im Alltag zu verringern!

"Kann man geklärtes Wasser trinken?"

Nein. Das Wasser ist zwar sauber, aber nicht trinkbar. Es enthält zu viele Keime, die Durchfall verursachen können. Technisch ist es zwar möglich, aus Abwasser Trinkwasser zu machen. Mit den Abwassergebühren ist das aber nicht bezahlbar.

Verwertung und Energiegewinnung

Kraftbrühe: Aus Schlamm wird Biogas

Die Schlämme aus den Reinigungsstufen stecken voller Energie und Nährstoffe. Um diese nutzen zu können, müssen sie aufbereitet werden. Ein Teil wandert als Biomasse wieder in den Reinigungskreislauf und sorgt für ausreichend viele Bakterien in der biologischen Reinigung. Der übrige Schlamm wird als Energieträger (Biogas) weiterverarbeitet. 

  • 9 Faultürme

    Der Schlamm aus dem Vorklär­becken und den Nachklärbecken wird in zwei Faul­türme ge­pumpt. Hier fault er bei 37 Grad bis zu 15 Ta­ge. Da­bei zer­setzen Methan­bakterien den Schlamm. Es ent­steht Bio­gas (Methan), das in einem Gas­be­hälter ge­spei­chert wird.

  • 10 Blockheiz­kraftwerk

    Das Biogas wird im eige­nen Block­­heiz­­kraft­werk verfeuert. Es besteht aus zwei für den Gas­betrieb um­gebauten Sechs­­zylinder­motoren. Beim Ver­bren­nen ent­ste­hen Strom und Wär­me. Mit dem Strom wird die Klär­­an­­lage be­­trie­ben. Die Wär­me beheizt die Faultürme und das Betriebsgebäude.

  • 11 Schlamm­ent­wäs­serung

    Der ausgefaulte und mittlerweile geruch­lose Schlamm ent­hält noch sehr viel Was­ser. In einer Sieb­band­presse wird der Schlamm zwi­schen zwei parallel laufenden Sieb­bän­dern zu­sam­men­ge­presst und da­­durch ent­wäs­sert. Das Wasser ge­langt wieder in den Klär­kreis­lauf, zurück bleibt der ent­wässerte Schlamm. Er wird für die Nähr­stoff­rück­ge­win­nung (vor allem Phos­phor) in einer Mono­­ver­bren­­nungs­­an­lage weiter verwertet.

Was ist eigentlich...?

Methan
Methan ist ein farb- und geruchloses Gas. Es ist brennbar und leichter als Luft. Biogas besteht überwiegend aus Methan (ca. 60 %) und Kohlendioxid (ca. 35 %).


Klärschlammverwertung: Gemeinsam neue Wege gehen

Klärschlamm als Dünger in der Land­wirt­schaft? Das war einmal. Laut Gesetz darf er nur noch sehr eingeschränkt auf die Felder ge­bracht werden, ab 2029 ist es ver­boten. Klärschlamm fällt trotzdem an. Wohin also damit? Zur­zeit ver­brennen wir den zertifizierten Klärschlamm in einer Mono­ver­bren­nungs­anlage. Das ist aber nur ein Zwischenschritt. In Zukunft gehen wir mit weiteren niedersächsischen Abwasserbetrieben einen neuen Weg. Neun Gründungsmitglieder, eine Gesellschaft, ein gemeinsames Ziel: die sichere, nachhaltige und wirtschaftliche Verwertung von Klär­schlamm sowie die Rück­ge­win­nung von Nährstoffen (Phosphor). Die neu gegründete KNRN GmbH (Kommunale Nährstoff Rück­ge­win­nung Niedersachen) nimmt den Betrieb Ende 2024 auf und wird ihren Sitz in Hildesheim haben.

Klärschlamm: Wertvoller Energielieferant

Klärschlamm enthält wertvolle Rohstoffe – und viel Energie. Bei der Verbrennung erzeugt er etwa so viel davon wie Braunkohle, aber ohne die enormen CO2-Emissionen.

Umwelt und Nachhaltigkeit

Grüne Energie: Durch die erhöhte Nutzung des grünen Energieträgers Faulgas,  hergestellt aus dem  Klärschlamm, konnten wir  den CO2-Ausstoß  
weiter senken.

Mensch und Natur verbinden – unser Motto ist Auftrag und An­spruch zugleich. Denn unsere Arbeit dreht sich um die wert­voll­ste Ressource, die wir haben: Wasser. Ob Wärmegewinnung aus Abwasser, moderne Blockheizkraftwerke oder Stromerzeugung aus Photovoltaik – wir wollen zu einer nachhaltigen Ent­wick­lung und einem verantwortungsbewussten Umgang mit Res­sour­cen beitragen.

Co2 -Einsparungen der Stadtentwässerung Celle


  • Energieversorgung: Aus eigener Kraft

    Das Blockheizkraftwerk wurde 2017 modernisiert. Dadurch können wir die Kläranlage komplett mit selbst erzeugter Energie betreiben - ohne extern zugekauften Strom. Insgesamt liefern die beiden Module 500 Kilowattstunden elektrische Energie. Weiterer Vorteil: Der CO2-Ausstoß konnte um rund 360 Tonnen pro Jahr gesenkt werden.

  • Photovoltaik

    Durch die Photovoltaikanlage werden seit 2016 rund 80.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt und in das Stromnetz der Kläranlage eingespeist. Der externe Strombezug konnte dadurch entsprechend reduziert werden.

Die Aller: Fluss mit Zukunft

Die Aller

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Aller viele Neben- und Altarme, die Ufer waren von Kies und Sandbänken eingefasst und von dichtem Schilf umschlossen. Ein wahres Paradies für die Selbstreinigungskraft des Wassers. Der Wechsel von fließendem und stehendem Gewässer, dazu Bakterien, Sand und Kiesel – eine gute Balance. Bis der Mensch immer mehr eingriff. Die Folgen: Die Selbstreinigungskraft des Wassers und die Arten­viel­falt nahmen stark ab.

Durch Re­na­turie­rungs­maßnahmen hat sich die Aller mittler­weile wieder erholt. Der Fluss bekommt ge­nug Sauerstoff bietet Flora und Fauna neuen Lebensraum. Viele Lebewesen, die früher wegen der Verschmutzung nicht mehr in oder an der Aller leben konnten, sind zurückgekommen. Auch das Celler Klärwerk leistet einen wichtigen Beitrag, die Wasserqualität des Flusses weiter zu verbessern.