Klärwerk
Stufe 1: Mechanische Reinigung
In der Kläranlage werden alle groben Stoffe mechanisch aus dem Abwasser gefiltert.
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Rechenhaus
Im Rechenhaus werden alle groben Stoffe aus dem Abwasser herausgekämmt. Dabei zeigt sich immer wieder, wie viel Abfall über die Kanalisation entsorgt wird. Das Rechengut wird mit einer Presse entwässert und von einem Verwerter entsorgt.
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Sandfang
Die Fließgeschwindigkeit des Wassers wird reduziert, schwere Stoffe wie Kies und Sand können sich so absetzen. Pumpen, die an einer fahrbaren Brücke befestigt sind, saugen den Bodensatz ab und befördern ihn In einen Trichter, wo er sich erneut setzen kann. Der entwässerte Sand wird gesammelt und entsorgt, das entsandete Wasser fließt ins Vorklärbecken.
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Vorklärbecken
Das Wasser wird beruhigt, damit sich die Feststoffe erneut absetzen können. Schwere Stoffe sinken als Rohschlamm zu Boden, leichte sammeln sich an der Oberfläche und bilden einen Schwimmschlamm. Vorklärbeckenräumer schieben die Schlämme langsam in einen Trichter. Von dort werden sie in die Faultürme gepumpt.
Stufe 2: Biologische Reinigung
Nachdem das Abwasser, mechanisch von allen Grobstoffen befreit wurde, wird es biologisch gereinigt. Dabei nutzen wir die Selbstreinigungskraft des Wassers. Mikroorganismen (Bakterien) bauen die Schmutzstoffe ab (besonders Nitrate) oder verändern sie so, dass andere Kleinstlebewesen sie verarbeiten können. Diese Mikroorganismen sind bereits im Abwasser enthalten. Sie bilden die Grundlage der biologischen Reinigung.
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Denitrifikationsbecken
Das Wasser aus dem Vorklärbecken fließt in das Denitrifikationsbecken. Das Abwasser und der sogenannte Belebtschlamm werden hier mit einem Rührwerk umgewälzt und für die biologische Reinigung vorbereitet. Dabei darf dem Schlammwasser kein weiterer Sauerstoff zugegeben werden, denn die biologische Reinigung funktioniert nur unter sauerstoffarmen Bedingungen. Hierbei werden die Nitrate von speziellen, anaeroben Bakterien in Sauerstoff und Stickstoff umgewandelt und in die Luft abgegeben. Dabei wird der Nitratgehalt im Abwasser um 65 Prozent gesenkt.
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Belebungsbecken
In den drei Belebungsbecken werden organische und nicht organische Schmutzstoffe unter sauerstoffreichen Bedingungen von aeroben Bakterien verarbeitet oder für andere Mikroorganismen aufbereitet. Damit diese die Schmutzpartikel im Wasser leichter verarbeiten können, sorgen Walzen für Bewegung und Belüftung des Abwassers. Die Flocken des Belebtschlamms befinden sich so im Schwebezustand und können sich nicht am Beckenboden absetzen. Daher sind sie für die Bakterien besser erreichbar.
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Nachklärbecken
Das Abwasser gelangt aus dem Belebungsbecken in zwei Nachklärbecken. Hier wird der Belebtschlamm mechanisch vom Abwasser getrennt und durch Rundräumer vom Beckenboden und der Wasseroberfläche abgesaugt. Von dort gelangt der Schlamm teilweise als sogenannter Rücklaufschlamm in das Denitrifikationsbecken. Der überschüssige Schlamm wird in die Faultürme gepumpt.
"Woher kommen eigentlich die Bakterien in der biologischen Reinigung?"
Die Bakterien kommen bereits mit den menschlichen Ausscheidungen zu uns. Sie sind sehr wichtig. Ohne sie kann das Abwasser nicht gereinigt werden. Im Klärwerk bieten wir den Bakterien optimale Arbeitsbedingungen.
Homo Bazillus Luftikus
Was ist eigentlich...?
Stufe 3: Chemische und Biochemische Reinigung
Das Abwasser ist jetzt schon deutlich sauberer. Aber es enthält noch zu viele Nitrate und Phosphate. Das Phosphat muss mit Chemikalien gebunden werden, damit es sich herausfiltern lässt. Besonders effektiv ist unsere Biofiltration. Mindestens 85 Prozent der Stickstoffverbindungen im Abwasser werden hier abgebaut.
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Phosphatbindung
Phosphat wird durch Fällung oder Flockung entfernt. Phosphate und Metallsalze gehen eine unlösliche Verbindung ein und sinken auf den Boden des Nachklärbeckens, von wo sie mit dem überschüssigen Schlamm in die Faultürme gepumpt werden.
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Biofiltration
Um Nitrate und Phosphate weiter zu verringern wird reiner Alkohol (Ethanol) hinzugefügt. Er enthält Kohlenstoff, ein wichtiges Element bei der Umwandlung von Nitrat in Stickstoff und Sauerstoff. Danach befördern Pumpen das Wasser durch vier Filterbecken. In den Becken befinden sich 2,80 Meter hohe Filter aus Blähtonkügelchen. Auf dem Blähton leben Mikroorganismen, die das Nitrat mit dem Ethanol in Stickstoff umwandeln. Über ein Reaktionsbecken gelangt das Abwasser in vier weitere Filterbecken. Bei Bedarf geben wir dem Wasser nochmals Metallsalz hinzu, um den Phosphorgehalt weiter zu reduzieren.
Was ist eigentlich...?
Das Labor: Alles unter Kontrolle
In unserem Labor messen wir regelmäßig die Wasserqualität jeder Klärstufe und überprüfen den Schadstoffgehalt. Werden Grenzwerte erreicht, erhöhen wir den Einsatz von Biomasse und Chemikalien. Außerdem zählen wir Mikroorganismen im Schlamm und bestimmen den Phosphatgehalt im Abwasser, um Metallsalze exakt zu dosieren. Denn viel hilft nicht automatisch viel. Bevor das gereinigte Abwasser in die Aller gelangt, prüfen wir, ob alle Grenzwerte eingehalten werden.
Mikroplastik, Arzneimittelrückstände & Co - Herausforderung für die Abwasserreinigung
"Kann man geklärtes Wasser trinken?"
Nein. Das Wasser ist zwar sauber, aber nicht trinkbar. Es enthält zu viele Keime, die Durchfall verursachen können. Technisch ist es zwar möglich, aus Abwasser Trinkwasser zu machen. Mit den Abwassergebühren ist das aber nicht bezahlbar.
Verwertung und Energiegewinnung
Kraftbrühe: Aus Schlamm wird Biogas
Die Schlämme aus den Reinigungsstufen stecken voller Energie und Nährstoffe. Um diese nutzen zu können, müssen sie aufbereitet werden. Ein Teil wandert als Biomasse wieder in den Reinigungskreislauf und sorgt für ausreichend viele Bakterien in der biologischen Reinigung. Der übrige Schlamm wird als Energieträger (Biogas) weiterverarbeitet.
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Faultürme
Der Schlamm aus dem Vorklärbecken und den Nachklärbecken wird in zwei Faultürme gepumpt. Hier fault er bei 37 Grad bis zu 15 Tage. Dabei zersetzen Methanbakterien den Schlamm. Es entsteht Biogas (Methan), das in einem Gasbehälter gespeichert wird.
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Blockheizkraftwerk
Das Biogas wird im eigenen Blockheizkraftwerk verfeuert. Es besteht aus zwei für den Gasbetrieb umgebauten Sechszylindermotoren. Beim Verbrennen entstehen Strom und Wärme. Mit dem Strom wird die Kläranlage betrieben. Die Wärme beheizt die Faultürme und das Betriebsgebäude.
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Schlammentwässerung
Der ausgefaulte und mittlerweile geruchlose Schlamm enthält noch sehr viel Wasser. In einer Siebbandpresse wird der Schlamm zwischen zwei parallel laufenden Siebbändern zusammengepresst und dadurch entwässert. Das Wasser gelangt wieder in den Klärkreislauf, zurück bleibt der entwässerte Schlamm. Er wird für die Nährstoffrückgewinnung (vor allem Phosphor) in einer Monoverbrennungsanlage weiter verwertet.
Was ist eigentlich...?
Klärschlammverwertung: Gemeinsam neue Wege gehen
Klärschlamm als Dünger in der Landwirtschaft? Das war einmal. Laut Gesetz darf er nur noch sehr eingeschränkt auf die Felder gebracht werden, ab 2029 ist es verboten. Klärschlamm fällt trotzdem an. Wohin also damit? Zurzeit verbrennen wir den zertifizierten Klärschlamm in einer Monoverbrennungsanlage. Das ist aber nur ein Zwischenschritt. In Zukunft gehen wir mit weiteren niedersächsischen Abwasserbetrieben einen neuen Weg. Neun Gründungsmitglieder, eine Gesellschaft, ein gemeinsames Ziel: die sichere, nachhaltige und wirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm sowie die Rückgewinnung von Nährstoffen (Phosphor). Die neu gegründete KNRN GmbH (Kommunale Nährstoff Rückgewinnung Niedersachen) nimmt den Betrieb Ende 2024 auf und wird ihren Sitz in Hildesheim haben.
Umwelt und Nachhaltigkeit
Mensch und Natur verbinden – unser Motto ist Auftrag und Anspruch zugleich. Denn unsere Arbeit dreht sich um die wertvollste Ressource, die wir haben: Wasser. Ob Wärmegewinnung aus Abwasser, moderne Blockheizkraftwerke oder Stromerzeugung aus Photovoltaik – wir wollen zu einer nachhaltigen Entwicklung und einem verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen beitragen.
Co2 -Einsparungen der Stadtentwässerung Celle
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Energieversorgung: Aus eigener Kraft
Das Blockheizkraftwerk wurde 2017 modernisiert. Dadurch können wir die Kläranlage komplett mit selbst erzeugter Energie betreiben - ohne extern zugekauften Strom. Insgesamt liefern die beiden Module 500 Kilowattstunden elektrische Energie. Weiterer Vorteil: Der CO2-Ausstoß konnte um rund 360 Tonnen pro Jahr gesenkt werden.
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Photovoltaik
Durch die Photovoltaikanlage werden seit 2016 rund 80.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt und in das Stromnetz der Kläranlage eingespeist. Der externe Strombezug konnte dadurch entsprechend reduziert werden.
Die Aller: Fluss mit Zukunft
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Aller viele Neben- und Altarme, die Ufer waren von Kies und Sandbänken eingefasst und von dichtem Schilf umschlossen. Ein wahres Paradies für die Selbstreinigungskraft des Wassers. Der Wechsel von fließendem und stehendem Gewässer, dazu Bakterien, Sand und Kiesel – eine gute Balance. Bis der Mensch immer mehr eingriff. Die Folgen: Die Selbstreinigungskraft des Wassers und die Artenvielfalt nahmen stark ab.
Durch Renaturierungsmaßnahmen hat sich die Aller mittlerweile wieder erholt. Der Fluss bekommt genug Sauerstoff bietet Flora und Fauna neuen Lebensraum. Viele Lebewesen, die früher wegen der Verschmutzung nicht mehr in oder an der Aller leben konnten, sind zurückgekommen. Auch das Celler Klärwerk leistet einen wichtigen Beitrag, die Wasserqualität des Flusses weiter zu verbessern.